Her mit dem Corona-Untersuchungsausschuss!

Eine der überraschendsten Erkenntnisse der Coronapandemie war, wie schlecht Deutschland im Organisieren ist. Es fing an mit den Masken, die von CSU-Spezis in bester Amigo-Manier zu überzogenen Preisen und saftigen Provisionen ans Gesundheitsministerium vermittelt worden waren. Danach folgte die Spahn-Aktion „Ein Herz für Apotheker“, bei der Apotheker völlig überhöhte Preise für die Abgabe von FFP2-Masken bekamen. Im Durchschnitt flossen bei dieser Aktion mehr als 100.000 Euro an jede einzelne Apotheke in Deutschland.

Doch kaum war dieser Exzess beendet, durften Hinz- und Kunz Schnelltestzentren eröffnen und 18 Euro pro Test kassieren. Selbst die Abrechnung von Tausenden fiktiver Test war möglich, weil der damalige Gesundheitsminister in seiner Verordnung vergessen hatte, Kontrollmöglichkeiten einzubauen.

Es geht nicht darum, dass Masken oder Test überflüssig wären. Sondern darum, wie großzügig die Einladungen zum Missbrauch ausgesprochen wurden. Die Kliniken wiederum haben im Pandemiejahr 2020 durch diverse Freihaltepauschalen und Extrazahlungen elf Milliarden Euro zusätzlich erhalten, aber 13 Prozent weniger Patienten behandelt.

Bitter ist die Erkenntnis, dass man im Gesundheitsministerium nun schon seit zwei Jahren null Interesse zeigt, mit Augenmaß Steuergelder auszugeben, und stattdessen Gier und Geschäftemacherei fördert. Der Bundesrechnungshof hat dem Ministerium bereits im vergangenen Jahr in Bezug auf die Maskenbeschaffung einen regelrechten Kontrollverlust und Kaufrausch attestiert.

Als dem Gesundheitsministerium dämmerte, dass die Maskengeschichte aus dem Ruder läuft, beauftragte es externe Berater und Rechtsanwälte, die seither auch jenen Lieferanten die Bezahlung verweigern, die ordnungsgemäß geliefert haben.

Doch wer glaubt, das alles hätte sich unter Gesundheitsminister Lauterbach gebessert, der irrt. Auch Lauterbach zeigt bisher kein Interesse, die Missstände zu beenden – oder gar aufzuarbeiten. Erst im vergangenen Monat wurde klar, dass viele Teststellen-Betreiber die Pandemie weiter als Lizenz zum Abkassieren benutzen. In Köln zum Beispiel gab es einen Betreiber, der mitten in der Omikron-Welle 30.000 Tests durchgeführt und keinen einzigen positiven Fall entdeckt hat.

Weder dem Gesundheitsamt noch der Kassenärztlichen Vereinigung ist das aufgefallen. Auch im Jahr 2022 schiebt jeder die Zuständigkeit und Verantwortung auf den anderen ab – und das Ministerium schaut zu. Es gibt seit zwei Jahren nicht nur einen medizinischen Ausnahmezustand, sondern auch eine systematische Ignoranz staatlicher Stellen gegenüber dem Missbrauch.

Die CDU pflegte früher mal das Image, eine Partei zu sein, die ordentlich regiert. Würde sie das immer noch ernst nehmen, müsste sie heute für einen Corona-Untersuchungsausschuss kämpfen. Aber das macht sie nicht, weil ihr Parteifreund, Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn, bei so einer Untersuchung vermutlich gar nicht gut aussehen würde.

FDP und Grüne wären zwar unbelastet, einen solchen Ausschuss zur fordern. Aber sie sitzen nun in einer Koalition mit der SPD und wollen um des lieben Friedens willen keine Geister der Vergangenheit beschwören. Denn die SPD war an der letzten Regierung beteiligt, also mitverantwortlich und zögert bisher, einen solchen Untersuchungsausschuss zu fordern.

Dabei wäre es noch ungeheuerlicher als das massive politische Versagen beim Maskenkauf, bei Schnelltests und der Impfstoffbeschaffung diese Misswirtschaft nicht aufzuarbeiten. Wenn man überlegt, dass es in der letzten Legislaturperiode Untersuchungsausschüsse zur Maut, zu Cum-Ex oder zu Wirecard gab, fällt es schwer, dafür Argumente zu finden, dass ausgerechnet die größte Krise in der deutschen Nachkriegsgeschichte nicht aufgearbeitet werden soll.

Schließlich geht es auch darum, zu lernen, wie man es verhindert, in die nächste Pandemie ähnlich dilettantisch hineinzustolpern.