Werden Kinder seltener getestet?

Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es mehrere Kriterien, die anzeigen, ob ein Land einen realistischen Blick auf das Infektionsgeschehen hat. Neben der Zahl der Tests spielt dabei auch die Positivrate eine große Rolle. Sie verrät, wie viele von 100 Corona-Tests positiv sind. Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Positivrate ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass viele Infektionen übersehen werden. Oder andersherum: Je höher die Positivrate, desto mehr unentdeckte Fälle gibt es mutmaßlich.

 

Die WHO rät den Ländern deshalb, eine Positivrate von weniger als fünf Prozent anzustreben, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten. Im Sommer hatte Deutschland eine Positivrate von einem Prozent, im November lag sie dagegen bei über neun Prozent. Doch wie groß ist die Positivrate in den einzelnen Altersgruppen?

 

72 Labore schicken dazu regelmäßig Daten ans Robert Koch-Institut (RKI). Die aktuell verfügbaren Daten stammen aus der 48. Kalenderwoche, also vom 23. bis 29. November.

 

Demnach ergaben die Corona-Tests bei 15- bis 59-Jährigen eine Positivrate von 8,6 Prozent. Bei Schulkindern im Alter von fünf bis 14 Jahren lag die Positivrate dagegen etwas niedriger bei 7,2 Prozent - und bei Kleinkindern von null bis vier Jahren sogar nur bei 4,4 Prozent. Die Positivrate deutet also nicht darauf hin, dass es bei Kindern sehr viel mehr unentdeckte Infektionen gibt als bei Erwachsenen.

 

Doch werden Schulkinder nicht viel seltener getestet? Diesen Eindruck haben zumindest viele Eltern derzeit. Auch zu dieser Frage liefert das Robert Koch-Institut Zahlen, die sich an den Tests der 72 Labore orientieren, die detaillierte Daten liefern.

 

Zunächst zu den ganz kleinen Kindern: In Deutschland leben 3,9 Millionen Kinder im Alter von null bis vier Jahren. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt damit 4,8 Prozent. In der Kalenderwoche 48 entfielen 3,0 Prozent aller Corona-Tests auf diese Altersgruppe. Das heißt, Kleinkinder wurden tatsächlich seltener getestet als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht.

 

Ähnlich sind die Zahlen bei jüngeren Schulkindern. In Deutschland leben 7,4 Millionen Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren, das entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 8,9 Prozent. Ihr Anteil an den Corona-Tests in der letzten Novemberwoche betrug aber nur 6,9 Prozent. Jüngere Schulkinder werden also ebenfalls seltener getestet als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.

 

Grund dafür sind mutmaßlich die Testkriterien des RKI. Denn getestet werden sollen in Deutschland jenseits von Risikogruppen vor allem solche Menschen, die Symptome haben. Da Kinder aber sehr viel seltener bei einer Corona-Infektion Symptome zeigen, erklärt sich ihr geringerer Anteil unter den Getesteten womöglich auch daraus.

 

In einer Anmerkung zu den Daten schreibt das Robert Koch-Institut, dass in der Auswertung "wahrscheinlich jüngere Altersgruppen etwas schwächer" repräsentiert sind. Das heißt, ihr Anteil an den Tests ist eher noch höher als niedriger.

 

Ähnlich selten getestet wie Kinder werden übrigens Menschen im Alter zwischen 60 und 79 Jahren. Von ihnen leben in Deutschland 18 Millionen, das entspricht einem Anteil von 21,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Unter den Getesteten hatten sie Ende November aber nur einen Anteil von 17,2 Prozent.

 

Etwa 6,8 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ist mehr als 80 Jahre alt. Ihr Anteil an den Tests lag zuletzt bei 9,8 Prozent, also deutlich höher als es ihrem Anteil in der Bevölkerung entspricht. Die Positivrate der über 80-Jährigen liegt sogar bei 13,7 Prozent.

 

Am zweithäufigsten wurden Ende November 35- bis 59-Jährige getestet. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 34,8 Prozent, unter den Getesteten aber 37 Prozent. Noch etwas häufiger wurden die 15- bis 34-Jährigen getestet. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 23 Prozent, unter den Tests Ende November machten sie aber 26,1 Prozent aus.

 

Insgesamt werden Schulkinder also seltener getestet als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht, aber auch nicht so selten, dass die Ergebnisse stark verzerrt wären. Stattdessen werden sie in etwa so häufig getestet wie die aktive Rentnergeneration (60 bis 79 Jahre). Bei den Positivraten bewegen sich Schulkinder in etwa auf dem gleichen Level wie Erwachsene.