Die Arzneimittelbehörde BfArM hat zwei Studien genehmigt, in denen das Ebola-Mittel Remdesivir auch an Coronavirus-Patienten in Deutschland getestet werden soll.
Bisher ist der Wirkstoff Remdesivir des US-amerikanischen Pharmakonzerns Gilead noch nirgendwo auf der Welt für irgendeine Anwendung zugelassen. Er wurde bereits vor Jahren an Ebola-Patienten getestet, habe sich dort als zwar sicher, aber nicht wirksam erwiesen, wie Clemens Wendtner, Chefarzt der Abteilung für Infektologie an der Uniklinik in München-Schwabing, sagt.
In Laborversuchen habe sich das Mittel jedoch als wirksam gegen die MERS- und SARS-Erreger gezeigt, wie Gilead auf seiner Website schreibt. Deshalb gilt es nun als eines der vielversprechendsten Mittel im Kampf gegen schwerwiegende Corona-Erkrankungen. Auch Ärzte in deutschen Kliniken setzen ihre Hoffnungen derzeit auf Remdesivir.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat nun gegenüber NDR und WDR bestätigt, dass es zwei Studien mit Remdesivir genehmigt hat, bei denen das Mittel auch in Deutschland gegen Covid-19 getestet werden soll. Eine randomisiert-kontrollierte Studie soll dabei 400 schwerkranke Covid-19-Patienten einschließen, denen das Medikament 14 Tage lang gegeben werden soll. Die andere Studie soll das Mittel bei 600 Patienten mit leichten Covid-19-Symptomen testen.
An den Studien beteiligten sich weltweit mehrere Dutzend Kliniken. In Deutschland soll das Mittel an den Unikliniken in Düsseldorf, Hamburg und München-Schwabing verabreicht werden. Mit einem Beginn der Studien hierzulande rechnen die beteiligten Forscher ab Anfang April.
Bisher kann der Wirkstoff bereits für einzelne Patienten direkt beim Hersteller Gilead beantragt werden. Erfahrung damit hat offenbar schon das Uniklinikum Düsseldorf, das mindestens einen Covid-19-Patienten mit Remdesivir behandelt haben soll. Konkrete Angaben über die beobachteten Effekte will die Klinik aber nicht machen und teilt lediglich mit, dass sie "in ausgewählten Einzelfällen … auch das Medikament Remdesivir" einsetzt.
Auch Uta Merle von der Uni Heidelberg sagt, dass sie sich "intensiv um Remdesivir in den letzten zwei, drei Tagen bemüht" habe. Ob sie das Medikament aber bekomme, sei fraglich. "Wir können noch nicht einschätzen, in wieviel Fällen wir es dann wirklich bekommen, weil natürlich Anfrage aus der ganzen Welt" bei der Herstellerfirma Gilead einträfen.
Verwirrung gibt es derzeit darüber, ob Gilead ein Härtefallprogramm ("compassionate use") in Deutschland betreibt. So ein Programm ist für den Fall gedacht, dass ein Medikament noch nicht zugelassen, aber bereits einigermaßen fortgeschritten ist in seiner Entwicklung und deshalb unter bestimmten Voraussetzungen abgegeben werden kann.
Zu so einem Programm gehört auch, dass der Hersteller das Mittel vor der Zulassung kostenlos zur Verfügung stellt, wie BfArM-Sprecher Maik Pommer mitteilt. Der Pharmakonzern Gilead wirbt zwar auf seiner Internetseite damit, an einem "compassionate use"-Programm zu arbeiten. Das BfArM teilt aber mit, dass es ein solches Programm für Remdesivir in Deutschland nicht gebe. Gilead habe ein solches Programm "in Deutschland bisher nicht beantragt". Stattdessen werde das Präparat bisher nur in Einzelfällen abgegeben und als individueller Heilversuch bei Patienten eingesetzt.
Anfragen zum Härtefallprogramm, zu den Studien in Deutschland und den Kosten für Remdesivir beantwortete Gilead nicht. Das Pharmaunternehmen, das mit einem Jahresumsatz von 22 Milliarden Dollar zu einem der größten der Welt gehört, stand in der Vergangenheit schon häufig wegen seiner Preispolitik in der Kritik. So hatte der Konzern 2014 ein Mittel gegen Hepatitis C auf den Markt gebracht, das zwar gut wirksam und in der Herstellung sehr günstig ist, aber 60.000 Euro pro Patient kostete.
Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber der pharmakritischen Zeitschrift "arzneitelegramm", kritisierte schon damals: "Dieser Preis ist durch nichts zu rechtfertigen". Da Remdesivir noch nicht zugelassen ist, gibt es für diesen Wirkstoff auch noch keinen Preis.